Am nächsten Morgen sind wir richtig froh über unsere Stirnlampen, es gibt nirgendwo Licht in San Gerardo de Riva, alles stockdunkel. Des Frühstück erhalten wir trotzdem, sehr reichlich: Gallo Pinto (schwarze Bohnen mit Reis), Tortillas, Rührei, Früchte, Kaffee oder Tee. Über den Abklärungen zum Lunchpakte etwas verspätet fahren wir los, der Guide findet sich auch, und treibt uns ein Lunchpaket im Hotel Uran auf. Es kostet 2‘000 Colónes (etwa 4 CHF), enthält ein Schinkensandwich, Kekse und einen Fruchtsaft. Dann schultern wir unsere Rucksäcke - wir tragen alles selbst hoch - und ziehen in der Morgendämmerung los. Der Einstieg ist kurz nach dem Hotel Uran, gut ausgeschildert (jeder einzelne Kilometer sowie weitere Informationen und weise Sprüche). Der Weg heisst El Termómetro, 1520 m Höhe,nunterschied, und es wird einem schon warm da rauf, gleich zu Beginn, der erste Kilometer soll nämlich der steilste sein. Nun, es geht. Da es in der Nacht geregnet hat, ist alles etwas schlüpfrig. Ich weiss nicht, wie man in der Regenzeit hochkommt, vermutlich einen Schritt vorwärts, dann zwei zurück. In der sogenannten Trockenzeit wie jetzt steigt man durch eindrücklichen Nebelwald hoch, bei fehlendem Nebel sieht man hin und wieder auch die umliegenden Berge und Täler. Nach 4 Kilometern betritt man den Nationalpark Chirripo, vorher sind rechts und links immer wieder Plantagen und Viehweiden zu sehen. Es läuft sich angenehm im Schatten der Bäume, hin und wieder sehen wir Schmetterlinge, Kolibris und andere Vögel (viele hört man auch), und wunderschöne Blumen, wie die Heliconias. Auch endemischer Bambus säumt den Weg, seltene Orchideenarten gibt es zu finden (Guide!), und nach 7 Kilometern findet sich die Zwischenstation, Llano Bonito. Hier kann man die sauberen Toiletten nutzen (Stirnlampe), einen Kaffee oder heisse Schokolade zu sich nehmen, es gibt auch Zwischenverpflegung, Getränke und Medikamente zu kaufen. Man kann hier Wasser auffüllen, wir füllen nutzen das Angebot und kaufen Mineralwasser. Hier sind praktisch täglich Wanderer zu finden, die meisten knabbern hier was, und Wasser hat es auch, also finden sich auch Nutzniesser ein. Wir sehen eine endemische Hühnerart am Boden scharren, viele Schmetterlinge und anderes geflügeltes Getier. Kleine gelbe Vögel hopsen unter den Tischen rum und machen sich Brosamen streitig. Da hier in etwa die Mitte ist, begegnet man auch Absteigenden. Unserer Rucksäcke werden ziemlich bestaunt. Wir tragen nämlich unser Gepäck selbst hoch, während unsere Mitwanderer nur den Tagesrucksack dabei haben und das Hauptgepäck hochtragen lassen. Der Service kann im Gebäude der Träger gebucht werden, er soll 21‘000 Colónes pro Gruppe bis 14 kg kosten. Andererseits kostet das Zusatzgepäck 1‘500 Colónes pro kg. Anyway, wir sind es gewohnt, unsere Sachen selbst zu tragen, und ausserdem haben wir es nicht eilig. Bei schlechtem Wetter könnte der Transport allerdings interessant werden.
Nach der Zwischenstation geht’s wieder aufwärts, mehr oder weniger steil, zum Monte sin Fé. Dort findet man eine Rastgelegenheit, mit schönem Ausblick. Man ist hier auf einem Grat, und die Umgebung ist ab da wie ein Garten, es hat viele blühende Stauden, einige duften betäubend süss. Entsprechend sind viele Vögel zu beobachten, auch Kolibris, obwohl wir hier schon beinahe auf 2800 m sind. Der Zustand dankt seine Entstehung einem Feuer. Es sind noch viele tote Bäume zu sehen. Aufgrund der Höhe wächst der abgebrannte Wald nur langsam wieder nach. Nach dem Monte sin Fé geht’s abwärts weiter, nur um dann wieder ziemlich stotzig einen weiteren Kilometer lang hoch zu führen. Das bisschen Nieseln ist schon beinahe willkommen, wenn die Sonne scheint, kann es, so ohne Bäume, recht warm werden. Etwa einen halben Kilometer nach dem letzten Aufstieg ist dann die Base de las Crestones, 3372 m, erreicht, unser Tagesziel. Wir erhalten ein vierer Zimmer für uns alleine. In unserem Programm sind Decken und Kissen inbegriffen, aber wir haben unseren warmen Schlafsack mitgebracht, das reicht. Ein Seidenschlafsack wäre, auch mit den gereichten Decken, zu kühl, aber ein leichter Schlafsack würde auch reichen. In den Räumen befinden sich verschliessbare kleine Schränke, was ziemlich praktisch ist. Es gibt mehrere Badezimmer (jeweils eine Dusche, ein WC und ein Lavabo mit zwei Wasserhähnen), aber nur eines davon ist für die Gäste offen. Die Guides werden in anderen Räumen untergebracht. Flüssigseife ist vorhanden, auch Papierhandtücher und WC-Papier. Dieses darf nicht in das WC geworfen werden, sondern in den nebenstehenden Kübel, sonst verstopfen die Leitungen. Wir Duschen kurz, wie vom Guide empfohlen, solange wir noch warm haben. Das Wasser ist kühl, aber nicht kalt. Da es hier oben morgens auch frieren kann, dürfte das Wasser zu anderen Zeiten kälter sein. Dann werden wir zum Mittagessen gerufen. Es gibt Eintopf mit Kartoffeln und Fleisch, die Suppe ist sehr willkommen. Dazu kann man sich ein Getränk aussuchen: heisse Schokolade, Kaffee, Tee oder einen Saft. Weitere Getränke bezahlt man separat. Wasser kann aus dem Hahn im Speiseraum bezogen werden. Es wird als Trinkwasser bezeichnet, ist aber ungefiltert, und stammt von weiter oben, aus den Bächen der diversen Seen der Hochebene. Während das Wasser der Bäche durchaus klar ist, enthält es auch viele Algen und ist demzufolge reichhaltig an Dünger. Wir haben das Wasser mit einem Filter gereinigt, als Gefäss für das ungereinigte Wasser haben wir dabei eine Tasse verwendet. Wir haben unsere Lehren aus La Reunion gezogen! Wir sind in der Schweiz aufgewachsen! Unsere Innereien proben bei solchen Angelegenheiten gerne den Aufstand! Wir filtern unser Trinkwasser!
Nach dem Mittagessen schlendern wir draussen etwas herum, es wird jedoch bald kühler und beginnt zu regnen. Das Abendessen ist ähnlich wie das Mittagessen. Morgen soll es gegen 5 Uhr losgehen. Die warmen Schlafsäcke sind völlig ausreichend bei diesen Temperaturen, allerdings werden wir etwa früh von den Nachbarn geweckt, welche den Sonnenaufgang auf dem Chiripo erleben wollen und heiteres - und lautstarkes - Halligalli im Nebenzimmer veranstalten. Wir haben nichts dagegen, uns nochmals umzudrehen.