10 Tage GTA (Grande Traversata delle Alpi) im Sommer 2021
Start Fermata Cruina (Bus ab Airolo) unterhalb Nufenenpass, Ende Antonapiana (Bus bis Domodossola)
Detaillierte Angaben inclusive Übersichtskarten können dem Rother Wanderführer von Iris Kürschner und Dieter Hans entnommen werden.
Der Sommer 2021, hat ein Muotathaler Wetterschmöcker prophezeit, wird kühl und nass. Diese Weissagung ist prompt eingetroffen. Aufgrund des abnehmenden Jetstream – Golfstromabnahme ebenfalls – bleiben einmal bestehende Wetterzellen stabil und Ortsgebunden. Gewitter werden heftiger und häufiger, Hochwasser resultieren, Hagelzonen queren das Land und hinterlassen nicht allzuselten zerstörte Vegetationen. Während zu Sommerbeginn das Tessin noch verlockend wirkte, zeigten sich im Sommerverlauf heftige, andauernde Schlechtwetterperioden mit Überschwemmungen, bis hinunter in die Lombardei.

Corno Gries Hütte
Coronabedingt werden die Hütten nicht vollständig ausgelastet. Zudem gibt es in jeder Hütte wieder andere Vorschriften (vermutlich wären es immer die gleichen Vorschriften, sie werden nur anders umgesetzt…) Teils gibt es keine Decken – oder man bezahlt für deren Nutzung. Hüttenfinken sollte man besser mitbringen, Schlafsack sowieso. Mäskli sind teils notwendig, eigenes Desinfektionsmittel nicht, aber eigene Seife und eigenes Handtuch ist empfehlenswert. Bei den Berghotels braucht es im Zimmer keinen Schlafsack, und auch keine Handtücher, Finken aber schon.
Eigentlich hatten wir geplant, einige Sommertage in gepflegtem Umfeld in Ascona zu verbringen, danach 10 Tage auf der GTA, und danach einige Erholungstage nochmals in Ascona. Die italienischen Hütten können allerdings nach deren Öffnung ca. Anfangs Juni gebucht werden. Zu diesem Zeitpunkt war das Tessin schon vollkommen ausgebucht. Auch die erste Schweizer Hütte – Corno Griess – war über das angestrebte Wochenende bis Dienstag ausgebucht – Schweizer Hütten können schon vor der Öffnung elektronisch reserviert werden. In Folge disponierten wir um, genossen einige recht ansprechende Tage Richtung Welschland – Hotel Palafitte ist sehr zu empfehlen – bei einigermassen gutem Wetter am Genfersee, während es im Tessin schüttete, was der Himmel so hergab.

Cornopass
Am Mittwoch reisten wir per öffentlichem Verkehr, den Gotthardstau passierend, nach Airolo, wo es Bindschnüre regnete. Auf der ganzen Fahrt war das Wetter nicht eben freundlich gewesen, aber im Tessin war es deutlich nasser. Nach dem Umsteigen in den Bus zum Nufenenpass montierten wir unsere Regenmontur. Bei der Haltestelle Cruina angekommen stellten wir erfreut fest, dass es nur noch nieselte. Wir stiegen als einzige aus, und machten uns unter der Strasse hindurch auf den Weg zur Hütte. Die erste Brücke ist zerstört, man weicht da wieder auf die Strasse aus und gelangt nachher zum gut beschrifteten Aufstieg. Die anhaltenden Regenfälle und die tiefen Temperaturen haben bewirkt, dass auch Ende Juli eine unbeschreibliche Blütenpracht herrscht, auch die Alpenrosen stehen vielerorts immer noch in voller Blüte. Andererseits gibt’s auch ganz schön viele Schneefelder.
Der Aufstieg bis zur Hütte ist allenfalls ein T2, keinerlei Schwierigkeiten. In der Corno Gruess wird man herzlich und zuvorkommend empfangen, die moderne Hütte bietet einen sehr angenehmen Aufenthalt.
Der nächste Tag, eine längere Etappe, führt über den Corno und den Griess Pass nach Italien. Der Aufstieg führt über diverse Schneefelder, einige morgens noch eisig. Blick auf den Griessgletscher, der auch mal tiefer runter reichte, ausserdem Energiegewinnung: Windräder und Stauseen. Vom Griesspass mit Biwackhäuschen geht’s zackig runter. Hochsehen lohnt sich, ein Steinbock garniert das Grat und zeigt sein prachtvolles Profil. Von der Alpe Bettelmatt aus sieht man schon den Stausee von Morasco, wohin man über steile Hänge und blühende Wiesen gelangt. Weiter unten sind die Wege garniert mit Kuhfladen, was zusammen mit dem andauernden Niederschlag zu interessant schlüpfrigen Stellen führt, an denen hinfallen zu vermeiden ist. Um die Alpe Bettelmatt herum gibt’s diverse Hütten, und bei schönem Wetter werden die aufgesucht von vielen Tagestouristen. Mit Hunden. Mit der Murmeltierbeobachtung ist es dann vorbei. Am Stausee von Morasco gehen wir rechts vorbei, der Weg wird breit und viele Bänke laden zum verdienten Rast ein. Die schon von weitem wahrzunehmende Hängebrücke über den Stauseeanfang ist nicht zugänglich. Die Abzweigung zur Alpe Nefelgiù am Seerand markiert den Beginn einer saftigen Steigung durch dichte Vegetation. Nach einiger Zeit ebnet der Weg etwas aus, um dann nochmals deutlich bis zum Pass anzusteigen. Auf der anderen Seite das Passes geht’s womöglich noch steiler wieder runter. Durch die vielen Regenfälle der letzten Woche sind die Bäche gut gefüllt, trotzdem kommen wir überall trockenen Fusses durch. Beim letzten Abstieg vor der Margaroli -Hütte ist allerdings im Steilhang eine sumpfige Stelle mit anschliessender Querung des Baches zu meistern. Die Margarolihütte liegt neben einer Alp mit Käseproduktion und freilaufenden Schweinen idyllisch an einem Stausee und ist sehr liebevoll ausgestattet. Auch bei Schneefeldern keine grossen Schwierigkeiten, gelegentlich T3.

Lago Vannino / Rifugio Margaroli
Der nächste Morgen beginnt ebenso wie der gestrige mit strahlendem Sonnenschein und traumhaftem Blick auf die umgebende Berglandschaft. Die 400 m Aufstieg zur Scatta Minoia werden gegen Ende immer spitziger, es gibt auch einige interessante Querungen spritziger Bergbäche, ist aber nicht schwierig. Danach wandert man gemächlich durch niedrige Vegetation bergab, zur Alpe Forno hinunter, wo noch Käse hergestellt wird, und Kühe geruhsam weiden. Rechterhand ginge es wieder in die Schweiz zurück, über den Albrunpass zur Binntalhütte. Wir wenden uns Richtung Lago di Devero, einem schön gelegenen Stausee unterhalb einer Seenplatte, umgeben von Wäldern und Steilflanken. Den See zur rechten geht’s weiter nach Crampiolo, einem allerliebsten Dörflein, das auch bei italienischen Touristen bekannt ist. Der Weg auf der anderen Seite des Sees ist und allerdings schöner vorgekommen, parkartiger. In Crampiolo empfiehlt sich, die lokalen Spezialitäten – am besten mit einem kalten Piatto – zu kosten, nach Devero ist es nicht mehr weit und es geht nurmehr bergab. Da das Wetter erfreulicherweise gehalten hat, lassen wir es uns unter einem Sonnenschirm gut gehen. Bei unserem letztjährigen Trekking in diesem Gebiet haben wir im CAI Refugio übernachtet, die Antica Locanda Alpina wird dieses Jahr zu unserem Quartier. Wir können sie empfehlen, es handelt sich um eine Ansammlung von Gebäuden mit einem Innenhof, der zum Verweilen einlädt. Man kann mit Kreditkarte zahlen. Der Gasthof liegt im Ort selbst, nach der Kirche Richtung Campingplatz.

Albergo Alpino, Alpe Devero
Nach einer ziemlich nassen Nacht klart es erfreulicherweise auf, wir brechen bei Sonne auf. Der Weg führt Anfangs noch durch ein allerliebstes Örtchen, nun zu Touristenwohnungen umgebaut, und steigt dann zackig durch lichten Wald zur Alp Buscagna auf. Dort wird’s wieder flacher, mit etwas Glück begegnet man dem Hirten und seinen Ziegen (und den freundlichen Hunden) und kann sie ein stück begleiten. Der Weg steigt danach wieder, bis zur Scatta d’Orogna, da geht’s wieder runter. Auf einem Zwischenbödeli findet sich ein Seelein, guter Rastplatz, windgeschützt. Danach geht’s weiter runter, bis auf die übrigen Wanderer hört man hier allenfalls noch Murmeltiere pfeifen. Der Weg ist nicht allzuschwierig, es gibt aber gut Blockfelder. Dann ebnet der Weg aus, und man kommt zu einer beschrifteten Gabelung, wobei der Wegweiser nicht klar zu deuten ist: geht’s jetzt gradeaus weiter, oder soll man da absteigen? Etwas ist Deviazione obligatorio, aber welche Richtung jetzt? Anyway, wir gehen gerade aus weiter. Markierung ist vorhanden, und Ketten gibt’s auch, allerdings ist der Weg ausgesetzt, teils abgerutscht und auch bei gutem Wetter ein guter T3. Dafür hat’s Edelweiss – mitten auf dem Weg – und unter dem Felsüberhang über uns kuschelt sich eine Herde Schafe in Erwartung des sich abzeichnenden Wetterumschwungs. Beim Passo Valtendra angekommen zeigt sich jedenfalls, dass unser Weg gut beschriftet ist, während der vom Tal unten herkommende Weg weder begangen, noch markiert ist. Wir sehen aber Wanderer unten durchlaufen, und hören auch von anderen, dass sie an dieser Stelle unsicher waren. Die im Führer beschriebene gute Sicht wird durch Wolken etwas eingeschränkt, wir machen, dass wir weiterkommen und steigen durch Blockfelder und dann durch Wiesen zügig ab. Bei einer bewirtschafteten Alp wechseln wir über den Fluss (Rio Bondolero?), queren eine bestossene Alpweide und laufen dann durch ein recht sumpfiges Hochmoor, abwechselnd mit Abstiegen durch lockeren, parkähnlichen Wald, bis wir oberhalb der Alpe Veglia den Abzweiger zur Rifogio Città die Arona nehmen. Wir werden herzlich und zuvorkommend begrüsst und verbringen einen angenehmen Abend, während es draussen regnet. Der Blick auf den Monte Leone ist trotzdem interessant, Nebelschwaden lösen sich ab, dann wieder Licht, visavis eine kleine liebliche Siedlung, und unter uns eine Wiese mit grossen blauen Flecken, alles Glockenblumen, sehr idyllisch. Trittsicherheit notwendig, T3 an Schlüsselstellen.

Alpe Buscagna
Unser nächster Morgen beginnt regnerisch. Heute ist eine ziemliche Etappe angesagt, wir laufen zurück in die Schweiz. Zuerst geht’s in die Klus von Veglia, auf einem Natursträsschen, das ganz gut befahren ist. Nach der Klamm, nach der kleinen Kapelle, geht rechts ein Weg abnsphoch (Scinc) zur Alpe Valle. Damit kann man den weiteren Abstieg runter zum Ponte Campo vermeiden. Dieser Weg ist ausgesetzt, durch Wiesen und über Felsabschnitte, steil und teilweise vernesselt. Die Ketten – es hat welche – sind teils lose und halten nicht gut, zudem greift man auch da zwischen Nesseln. Und zuguter Letzt: es hat Schafe und Ziegen auf dieser Bergflanke, und der Weg führt unter überhängenden Felsen hindurch. Hier sammeln sich die Tiere zum Schutz vor Unwettern. Und sie hinterlassen dabei so einiges, auch auf den Ketten. Darum auch die vielen Nesseln. Bei Regen ist dieser Weg besonders anspruchsvoll. Sonst ist er ein gutes T3. Bei der Alpe Valle kommt man wieder mit dem normalen Weg zusammen, und kann sich ggf. an einem der vielen Brunnen die Pfötchen waschen. Es empfiehlt sich. Geruhsam geht’s dann weiter bis zur Alpe Balmelle, weiter hoch bis zum Passo die Gialit, und dann geht’s wirklich gemütlich auf einer Hochebene weiter. Von vielen Alpen gibt es nur noch Ruinen, aber mindestens eine ist noch bewartet, der Rauch steigt aus der Hauswand heraus. Einige Häuser sind auch besser instandgehalten, und wir sehen viele Steinmännchen. Das Panorama ist bei schönem Wetter bestimmt umwerfend, aber auch so laufen wir durch eine malerische Umgebung und sind froh, dass es nur kurz zwischendurch einige Spritzer gibt. Vor der Alpe Corvetsch ists dann fertig mit Gemütlich. Es geht sacksteil, ausgesetzt, an Steilwänden und ziemlich rutschig schnell runter. Dafür wird es auch schnell wieder wärmer, die Sonne zeigt sich wieder. Unterwegs trifft man auf aufgelassene Alpen – mit den dazugehörigen Nesseln und Plaggen. Die Häuser zerfallen, und es hat keine Brunnen oder direkte Quellen vor Ort. Dafür finden sich säuberliche Steinumrandungen um diese Alpen, mannshohe Mauern mit Durchlassen an den Wegstellen. Die Alpe Bruciata – mit meterhohen Nesseln umgeben – weist sogar einen eisernen Pavillion auf. Keine Zufahrtstrasse, das Teil ist sicher aus der Zeit vor Helikoptern, wie (und noch dringlicher, warum) hat man das da hochgebracht? Jedenfalls, der Weg nach Gondo zieht sich, und wenn man endlich auf der Strasse angelangt ist, geht’s noch weiter. Insgesamt sind es 17.9 km und der steile Teil des Abstiegs läuft über 1100 Höhenmeter. Umgekehrt ist es noch anstrengender… In Gondo kann man im Stockalperturm übernachten, saubere, grosse Zimmer (mit Radiator für nasse Kleidung im Bad), gute Küche, freundlicher Service.

Alpe Veglia
Gondo-Zwischbergen am nächsten Tag verläuft eindeutig geruhsamer. Leider ist der Wanderweg auf der anderen Flusseite aktuell wegen Holzarbeiten gesperrt, wir laufen deswegen nur die Strasse hoch, aber auch das ist nett, und wir kommen dafür am einzigen noch bewirtschafteten Bauernhof dieser Region vorbei, wechseln ein paar nette Worte und werfen Bällchen für den allerliebsten Hund. Übernachtet haben wir in Bord, im Bergrestaurant, mit heisser Dusche und sauberen Badezimmern, sauberen Gästezimmern, einer wunderbaren Terrasse und einer vorzüglichen Küche, ganz zu schweigen vom Wein… Es werden vor allem lokale Produkte verwendet, und das Wirtepaar ist aussergewöhnlich zuvorkommend und sympathisch. Das Wetter ist immer noch mieselig, aber immerhin regnet es erst gegen Abend.

Yak in Zwischbergen
Am nächsten Morgen ist es kühl, bedeckt, aber trocken. Wir steigen ab zum Fluss und von dort an geht’s durch lichte Lärchenwälder hoch. Eichhörnchen und Damhirsche bringen uns zum Staunen, und auch die Yaks beobachten wir einige Zeit. Der Weg ist gut zu finden, nach all dem Regen aber teils morastig. Und man wird auch gestochen, jedenfalls ich. Mehrfach. Nesseln hat es auch wieder gut und oft. Nach der Alpe Weira (es soll dort wieder Käse gemacht werden) geht’s zackig hoch zum idyllisch gelegenen Tschawiner See. Wer die Höhe behalten möchte, geht am Schild «Fischen Verboten» geradeaus weiter, und nicht dort links hinunter. Dieser Weg führt über Blockfelder und durch Sumpfgebiete, hält aber in etwa die Höhe, und führt an weiteren Seelein vorbei. Auf der Bocchetta di Gattascosa kommt man in eine Scharte hinein, mit einem zümftigen Schneefeld drin, das eine kurze Strecke gequert werden muss. Ein weiterer kurzer Abstieg, und man ist beim (privaten) Refugio Gattascosa. Freundliche, bestimmte Bewartung, fröhlicher, verspielter Hund, gutes Essen, grosse beschattete Terrasse, ungewöhnlich schöner Gastraum. Weiter vorne hat es eine Alp, an einem Waldsträsschen, es könnte also viele Tagesausflüger geben. Kaum sind wir angekommen, beginnt es richtig satt zu regnen (es hat schon oben bei den Seelein laufend gedonnert), wir sind dankbar um das grosszügige Feuer im Gastraum.

Tschawinersee
Der nächste Morgen grüsst verhängt, aber trocken. Der Abstieg zum Rifugio San Bernardo – soll auch sehr nett sein – verläuft angenehm über Hochmoore, durch Parkähnliche Lerchenwälder, an aufgelassenen Alphütten in verschiedenen Stadien des Zusammenbrechens vorbei. San Bernardo verfügt nicht nur über ein Rifugio (mit Toilettenhäuschen), sondern auch über einen grossen Spiel- und Picknickplatz mit professionellen Grills, einigen Ferienhäuschen, einem Parkplatz und einer Kapelle. Die war allerdings zugesperrt. Sowas. Die Wegweisung ist grosszügig, aber nicht immer ist unser Ziel (oder ein Zwischenziel) aufgeführt, aber schliesslich finden wir den Zustieg in eine abwechslungsreiche Höhenwanderung mit vielen einladenden Blicken. Es werden Wälder und Bäche gequert, und viele Wiesen, mit verfallenen Hütten. Hier gibt es keine Strassen, dafür jede Menge Brennesseln und Stechviecher hat es auch, trotzdem es keine Weidetiere gibt. Müssen sich von Touristen ernähren. Die Alpe Oriacca passiert man zwischen den verfallenen Hütten und Steinhaufen, Plaggen und Nesseln, alles klebt am Hang. Danach gibt es eine spannende Flussquerung, etwas glitschig. Schliesslich beginnt der Weg wieder tendenziell zu steigen, bis man zu einer Kuppe mit einem Metallkreuz kommt, mit Blick auf das Bivacco Marigonda, mit seinen leuchtend blauen Fensterläden. Anschliessend geht’s bald steil den Wiesenhang hoch, durch eine Baumgruppe, und wieder über Wiesenhänge, voller Blumen, bis man schliesslich das Rifugio Alpe Laghetto sieht, und mit zwei, drei weiteren Wendungen, zu ihm aufsteigt. Diese Hütte wird von Freiwilligen bewartet, sie ist eher einfach (trotzdem Dusche und W-Lan), man wird aber herzlich aufgenommen und das Essen schmeckt. Erstaunlich ist, wie abgelegen diese Region ist – Domodossola ist nicht weit weg. Gemütlicher Hüttenraum mit Holzofen.

Rifugio Gattascosa
Unsere letzte lange Etappe tagt freundlich, aber windig und kühl. Strahlender Sonnenschein. Dann gibts zwar schnell ein paar verirrte Wolken, aber das Wetter wird gut bleiben. Das ist gut so, denn diese Etappe ist nicht harmlos. Zuerst geht’s unproblematisch hoch zum Passo di Campo, gleich oben an der Hütte. Danach blickt man in ein absolut menschenleeres Tal. Verfallene Gebäude, Brennesseln und Plaggen zeugen von vergangener Nutzung, es gibt genügend Wasser (interessante Querungen eingeschlossen), gelegentlich pfeift ein Murmeltier, aber nicht mal das häufig. Der Weg runter in dieses Tal ist unterdessen gut zu sehen, was offenbar nicht immer der Fall war. Er beschreibt im Hang eine Kurve. Dann geht’s hoch zu einem Absatz, und einer weiteren verlassenen Alp, mit Häusern, welche in die Felsen gebaut sind, sehr interessant. Hier verliert sich der Weg für uns. Kein Wunder, bei der Vegetation sieht man seine eigenen Füsse nicht mehr, zudem sticht alles Mögliche. Wir folgen teils krabbelnd einer Wegspur durch dichtes Gestrüpp und Bergerlen, bis wir an einem Kar wieder rauskommen. Dort löst sich die Spur in Wohlgefallen auf, und wir queren den Hang über uns im Zickzack, bis der weitere Weg gefunden werden kann. Heiteres Beruferaten. Dabei gabs unten an den Häusern sogar einen Wegweiser… Offenbar haben wir den nicht richtig interpretiert…. Der weitere Weg ist gezeichnet von abgerutschten Wegstücken, ein paar mal geht’s auch über Felsstücke, Steil abfallen tut er auch, ist aber insgesamt gut passierbar. An Schlüsselstellen T3. Jedenfalls geht’s dann noch ziemlich steil hoch zum Passo della Preia, bis der Weg kurz unterhalb vom Pass wieder etwas ausebnet. Der Blick ins nächste Tal zeigt dieses ebenso menschenleer, wie das vorherige, aber steiler, und mehr mit Felsen versetzt. Linkerhand weiter oben befindet sich eine Felsformation, gerechtfertig mit Castello bezeichnet. Ein Weg führt nun weiter zum Refugio Arollo. Unser Abstieg verläuft der linken Bergflanke entlang, buchstäblich über Stock und Stein. In einer der vielen Kurven finden sich viele Edelweiss, und nach einem langgezogenen Rundabstieg kommt man zur Alpe Testa superiore, ein paar Häuser mit Dach, das meiste verfallen und eingestürzt. Der Weg von hier aus zum Rifugio Arollo ist gesperrt. Durch einen Felseinschnitt mit Bach geht’s zackig und mit Bachquerungen runter, es wird langsam wieder Wald. Kniebrecherisch gelangt man schliesslich zur Verzweigung zum Seerundgang (auf der anderen Seeseite) und dem Höhenweg über den See nach der Alpe Cheggio, und einem ersten schönen Blick auf die türkisen Wasser des Lago Alpe die Cavalli. Der linkerhand weiterführende Höhenweg ist bezaubernd schön, wenn auch teilweise gut bewachsen, auch wieder mit Nesseln, und führt über einige Bergbäche. Mehr als genügend mit Ketten gesichert. Zum Schluss gibt’s noch einen steilen Zickzackabstieg zur reizenden Alpe Cheggio. Das Rifugio findet sich etwas unterhalb des Örtchens, es gibt ein durchaus einladendes Berghotel neben der Kirche. Das kalte Plättchen im Rifugio schmeckt jedenfalls gut.

Alpe il Laghetto
Am letzten Tag gilt es den Bus in Antronapiana um 10:15 nicht zu verpassen. Das Busbillet, haben wir erfahren, kann im Bus gelöst werden. Der Abstieg ist teils steil, sehr pittoresk, ein bisschen dem Strässchen entlang, aber mehrheitlich einem Weg folgend. Ganz zum Schluss führt der Weg zwischen Felsmäuerchen bewachsen mit Haselsträuchern schattig zwischen Wiesen hindurch, und öffnet sich dann am Dorfrand. Hier könnte man den Proviant auffüllen – es gibt einen Conad – und einen Kaffee trinken – nette Bar mit Blick auf Busstation – oder auch einfach am Dorfbrunnen sitzen und in die Sonne Blinzeln.
Der Bus kommt pünktlich, die Fahrt verläuft über enge Strässchen und durch kleine Dörflein, wie Schwalbennester an den steilen Flanken hängend. Die Strasse ist wohl Fahrstrasse, Parkplatz, Terasse, Kaffeehaus und Treffpunkt in einem. Wir sehen Waschbrunnen, Elektrizitätswerke, enge steile Gärtchen und sogar Weingarten, und, weiter unten, veritable Villen, und immer wieder ein Blick in den Abgrund – gute 100 Meter tiefer windet sich der Fluss in einem engen Bett. Der Übergang von Berg zu Tal und zur Stadt erfolgt erstaunlich abrupt. Jedenfalls reicht es noch für einen Spaziergang durch die hübsch Altstadt von Domodossola, mit einem Abstecher zum Markt und einem Gelato, ehe der Zug Richtung Schweiz fährt. Das Restaurant visavis vom Bahnhof (irgendwas Regina) ist eher nicht zu empfehlen.

Endstation: Antronapiana