11 Tage GTA und 3 Tage Lago di Orta, Sommer 2022
Reiseart: Selbst organisiert. Wichtig: Hütten und Übernachtungen im Voraus reservieren. 
Wir fahren am Samstag mit Zug und Bus nach Orta San Giulio, wo wir die erste Nacht im Hotel San Rocco übernachten werden. In diesem Hotel würden wir nicht wieder absteigen. Unsauberes unappetitlich gereinigtes (anderweitig sehr schönes Badezimmer), Frühstücksbar an welchem die Angestellten sich reichlich selbst bedienen während die Gäste leer ausgehen, Tische, an denen es von der Decke tropft, Eingang, an welchem es ausgiebig von der Decke tropft (10 Tage später immer noch), unbesetzte Reception, ein Billardzimmer mit fehlenden Kugeln und defekten Queues – etc. Das Hotel liegt schön am See, bietet aber keinen brauchbaren Einstieg zum Baden darin. Die – ziemlich beliebige – Kunstausstellung und der vor dem Hotel im See verankerte Eisberg vermag uns über die aus unserer Sicht gravierenden Mängel nicht hinweg zu trösten. Immerhin: das grosse Gepäck können wir vor Ort lassen, während wir mit dem Rucksack unsere geplanten GTA Etappen durchlaufen. 
Restaurants gibt es viele und auch in guter Qualität. Wir können das Due Santi, das La Motta und Das Pane et Vino bestens weiter empfehlen. Wenn möglich reservieren!
Gelaterias gibt’s auch feine. Von der Piazza Mario Motta aus gehen regelmässig Traghettos nach der Insel San Giulio ab. Sehr empfehlenswert, dort einen Spaziergang zu unternehmen. Schöne alte Basilica. Das Kloster kann nicht besichtigt werden. Von San Giulio aus kann man noch einige Kilometer weit dem Seeweg entlang spazieren. Allerdings verliert sich der Weg dann. Oberhalb von San Giulio kann man sich stundenlang im Sacro Monte die Orta ergehen und die vielen Kapellen und Kirchen besichtigen.Am Sonntag hätten wir gerne den Bus von Omegna nach Forno genommen, unserem Startpunkt im Pinocchio Tal. Leider fährt der nur Werktags, dieser Bus. Also geht’s mit dem Taxi zuerst nach Omegna, dann über die Via Vallestrona nach Fornero. Ab dann wird das Strässchen schmal und eng und windet sich. Wir erreichen Forno nach gut einer Stunde Fahrt. Und dann geht’s auch schon los, nach Campello Monti. Wir halten uns an den bewährten Rother Wanderführer GTA. 

Walserbrücke im Valle di Forno

Erster Tag: Es ist nicht weit bis Campello Monti, 2 Stunden sind angegeben, und auch nicht steil, 450 m Anstieg. Gemütlich spazieren wird beschattet im Wald und über Wiesen, an Weilern mit zerfallenden Häusern vorbei dem Torrente Strona immer mal wieder begegnend und ihn kreuzend Campello Monti. Der Ort wurde von Rimella aus besiedelt und versperrt wie ein Pfropfen den Zugang zu Alpen weiter oben. Deswegen gab es immer wieder Zoff mit denen unten im Tal, die auch gerne was gesömmert hätten. Schliesslich hat irgendein Bischoff ein Machtwort gesprochen – irgendwann im 17. Jhdt), und dafür den Bewohnern von Campello Monti einen Friedhof und eine Kirche gestattet. Wir übernachten im Albergo Leone, welches wir gerne weiter empfehlen können. 
Zweiter Tag: Heute geht’s tief ins Walserland, nach Rimella. 3:15 sind angegeben, 650 m Anstieg, 760 m Abstieg. Der Aufstieg ist schnell ziemlich steil. Auch ziehen bald schwarze Wolken auf, wir werden den Monte Rosa nur ein einziges Mal ganz kurz sehen, und dann auch mehr ahnen als wirklich sehen können. Trotzdem gefällts uns. Das Gelände ist ruppig und steil, aber samten verkleidet mit Wald. Vor der Alpe del Vecchio begrüsst uns ein Hund und eine einsame Kuh, dann geht’s zackig hoch zur Bocchetta di Campello. Kurz blinken Gletscher, dann verhüllt sich alles wieder. Über Wiesen und dan  durch Wald geht’s runter. Immer wieder sieht man Weiler, die allesamt zu Rimella gehören. Um San Gotthardo herum muss man achten, dass man den Weg nicht verliert. Eine neu angelegte Strasse kann einen zu Umwegen verführen. Es wird wieder wärmer. Im letzten Abschnitt vor Rimella stossen wir auf eine Kapelle und der Beschriftung Toturasti. Hier wurden vor dem Kirchen- und Friedhofrecht in Campo Monti im Winter die Verstorbenen sozusagen zwischengelagert, bis man sie im Frühjahr gebührend nach Rimella transportieren (und nachher beerdigen) konnte. Auch ein Vergnügen.Oberhalb von Rimella gibt es ein grosses Brunnen- und Waschhaus. Dann geht’s steil durch das Dorf hinunter zur grossen Kirche und dem Dorfplatz. Das Albergo Fontana, unsere heutige Station, nimmt uns etwas bärbeissig auf. Unser Zimmer ist aber sehr nett, in einem alten Walserhaus mit antiken Möbeln. Und das Essen! Mindestens 10 Vorspeisen, und dann Hauptgänge und Dessert, einfach umwerfend. Gut gekocht, freundlich serviert. Am nächsten Morgen erhalten wir unbedingt noch Dörrfrüchte mit auf den Weg. So liebenswert!

San Giorgio auf dem Weg nach Rimella

Der dritte Tag bricht schon reichlich düster an. Wir wollen heute zur Alpe Barranca, 4:30 Std, 970 m Anstieg, 580 m Abstieg. Ab Mittag soll es regnen, also machen wir uns möglichst bald nach dem reichhaltigen Frühstück auf den Weg. Dieser verläuft zuerst der Strasse entlang, wechselt dann auf einen Waldpfad bis zum Talboden hinab. Dort geht’s über einen Steig auf die andere Bachseite und dan so richtig zackig hoch zu Obru Hüsch. Alles Walser Namen! Die Gegend wurde von Wallisern aus Visperterminen besiedelt. Heute gibt es aber nur mehr wenige, die noch Walserditsch sprechen.Obru Hüsch ist hübsch, aber verlassen. Die Häuser sind in unglaublich steilem Gelände gebaut. Auf der anderen Seite tauscht man wieder in Wald ein, ein schmaler und steiler Pfad führt der Bergflanke entlang hoch zu la Res. Im Wald stossen wir auf diverse Pilzsammler. La Res ist eine Alp. Man hat hier seltsame Gebräuche was die Lagerung von Dung anbetrifft. Wir kommen an einer riesigen Halde von offensichtlich gesammelten Ziegenköttel vorbei, das zieht sich mehrere Meter so hin. Wofür man das hier so braucht? Mit la Res haben wir den höchsten Punkt des Bergrückens erreicht. Noch ist es trocken, aber die Wolken dräuen schon ganz gut. Der wind frischt auch auf. Wir machen, dass wir nach Belvedere weiterkommen, einem Ort auf einem Geländeabsatz weiter unten. Zuerst durch steilen Waldweg, dann durch Wiesen mit Fruchtbäumen geht’s runter und runter. Kurz vor la Piana müssen wir den Regenschutz montieren, es geht wohl los. In la Piana selbst schüttet es, was nur runterkommen mag, es Blitzt und donnert vielversprechend. La Piana hat nicht gerade viel zu bieten, ein paar Häuser. Wir stellen uns unter einen Balkon, was nicht wirklich hilft. Aus dem Nachbarhaus wird gewinkt und uns bedeutet, wir sollen uns bei einem dortigen Eingang unterstellen. Stellt sich heraus, dass dort ein Brunnen mit Waschtrog steht. Zumindest werden wir nicht weiter nass. Gut eine Stunde sehen wir dem Gewitter zu, ehe es langsam nachlässt. Wir haben noch einiges an Aufstieg vor uns, also machen wir, dass wir weiter kommen. Es geht der Strasse entlang nach Santa Maria, und von dort aus über einen nun ziemlich feuchten Bergweg ganz gut hoch. Nach kurzem beginnt es wieder zu regnen, aber es gewittert wenigstens nicht mehr. Bis wir auf der Alpe Baranca ankommen, sind wir ziemlich gut durchfeuchtet. Auch unser Wanderführer hat was abbekommen. In der Alpe werden wir sehr zuvorkommend empfangen. Das Feuer zum Trocknen brennt schon. Wir breiten alles aus, was getrocknet werden muss und erhalten Zeitung, um die Schuhe auszustopfen. Mit der Zeit lässt dann der Regen nach, und wir spazieren ein wenig herum, spielen mit den Hunden und beobachten die vielen Tiere, die in der Alpe gesömmert werden. Abends werden wir gut verköstigt. Wer hier einen Amaro bestellt, erhält jedenfalls eine beträchtliche Portion! Die Schlafzimmer gehen ineinander über, was uns allerdings nicht weiter stört, wir schlafen herrlich. Das gestrig kennengelernte Pärchen ist ziemlich nach uns und womöglich noch nasser eingetroffen.Der vierte Tag beginnt mit einem reichhaltigen Frühstück. Geplant sind heute 4:45 Std, 660 m Auf- und 940 m Abstieg. Durch spektakuläre Felsstufen und an einem See entlang geht’s hoch zum Colle Baranca. Wir sehen zu, wie eine Schafherde hochgetrieben wird, betrachten die Hausansammlung auf der Passhöhe und die Lancia Ruine, ehe wir zum Colle d’Egua aufsteigen. Dort solls den schönsten Monte Rosa Blick geben. Wir können einige Gletscher erahnen, das wars dann auch schon. Gemäss unseren Mitwanderern liegts daran, dass er heute schüchtern ist, der Monte Rosa. Nun, er wird die ganze restliche Zeit schüchtern bleiben. Die nähere Landschaft ist aber auch schön, wir geniessen einen entspannten Abstieg durch Alpwiesen und Wald. Am Berghang visàvis sehen wir Steinadler, riesige Spannweiten! Unterwegs laufen wir an einer Alp vorbei, auf welcher gerade ein Abtransport gerichtet wird. Hunde wuseln durcheinander, während ein Muli dem ganzen Durcheinander gelassen zusieht. Oberhalb von Carcoforo setzen wir uns auf eine einladende Bank unter einem Wegkreuz, geniessen die warme Sonne und sehen auf die Dächer hinunter. Schliesslich wandern wir durch dieses hübsche Örtchen bis zu unserem Rasthaus, dem Hotel Alpenrose. Nach den bisherigen Übernachtungen etwas dürr, aber ganz in Ordnung. Die warme Dusche ist mehr als Willkommen, und die immer noch feuchten Schuhe können wir auf dem Fenstersims etwas auslüften. Auch das Frühstück schmeckt.

Lago Baranca

Am fünften Tag beginnen nun die längeren Etappen, 6:00 Std, 1050 m Auf- und 940 m Abstieg. Ausserdem ist es schon am Morgen verhangen, das wird kein Sonnentag. Zuerst geht’s einer Kiesstrasse zu einem Bachübergang. Von dort aus steigt ein steiler Pfad zur den beiden oberhalb gelegenen Alpen hoch. Immer wieder sehen wir ganz ordentliche Bäche und Wasserstufen. Bei der Alpe del Termo machen wir kurz auf einer der Hüttentreppen Rast. Beide Alpen liegen ziemlich verlassen da, Veh ist aber auf der Weide. Auf dem Colle del Termo ist es richtig windig, die Aussicht ist etwas beschränkt, auch wenn die Wolken sich gelichtet haben. In grossen Kehren steigen wir anfangs steil, dann gemächlicher, nach Rima ab. Auch diesen netten Ort besichtigen wir. Das Hotel Tagliaferro bietet einen herzlichen Empfang und lässt unsere Schuhe im Heizungsraum endlich wieder trocken werden. Wunderschönes Haus, tolle alte Möbel, gute Küche, Ping Pong vor dem Haus. 
Der sechste Tag, geplant mit 5:30 Std, 920 m Auf- und 1120 m Abstieg, beginnt wieder mit tiefen Wolken und Nieselregen. Wir verabschieden uns von unseren beiden Mitwanderern, die in Alagna die GTA verlassen werden. Es geht zuerst mal bergab, über den Bach, und dann einer triefnassen Mulatiera folgend durch Wald wieder hinauf. Unterwegs begrüssen uns zwei Ziegen – Goldilocks und Weissfüsschen. Weiter oben kommen wir aus dem Wald und steigen über Alpweiden und dann durch steinigen Grund recht steil zum Colle Mud hoch. Der Colle Mud zieht sich ein wenig, ist aber gut beschildert. Auf der anderen Seite ist uns heute nicht zum verweilen zumute, wir marschieren weiter zum Rifugio Ferioli, welches, o Freude, noch offen hat. Es ist der letzte Tag, an dem sie offen sind, haben wir ein Glück. Wir verdrücken eine gute Lasagne, ehe wir uns wieder aufmachen nach Pedemonte, wo wir in einem komfortablen Hotel übernachten werden. Pedemonte ist noch recht ursprünglich geblieben, das Hotel ist komfortabel und das Essen gut, noch im Walser Stil gehalten, was das Vergnügen vergrössert. Wir besuchen die kleine Kapelle nebenan und geniessen das komfortable Badezimmer mit Whirlbadewanne. Wenn es denn schon da steht…Der siebte Tag wird eher kurz werden. Wir schlafen aus, um die ca. 2:30 Std, 260 m Auf- und 100 m Abstieg gemächlich in Angriff zu nehmen. Der Weiterweg nach Alagna führt über die Fahrstrasse. In Alagna gibt es Geschäfte und einen Bankomaten, wir sorgen für etwas Verpflegung und Wasser. Noch satt vom Frühstück hält uns nichts. Wir folgen dem Flussweg nach Riva und wechseln dort auf die andere Bergseite. Oberhalb von Rima betrachten wir die verschachtelten Hausdächer und beobachten eine Prozession – vermutlich eine Hochzeit. Recht früh treffen wir im freundlcihen und rustikalen Rifugio Sant Antonio die Val Vogna ein. Alle anderen Unterkünfte und Restarants sind um diese Jahreszeit schon geschlossen. Das Sant Antonio platz vor Gästen fast aus allen Fugen, und da es kühl und regnerisch ist, sind die Innenplätze voll belegt. Das kommt davon, wenn man zu früh in der Hütte ist! Wir beziehen unser Lager – saubere und warme Badezimmer, die Lager sind allerdings wirklich einfach – und setzen uns etwas draussen hin, bis die Mittagsgäste abziehen. Das Abendessen ist reichlich und gut, auch das Frühstück. Wir schlafen ungestört und sind für die morgige Etappe gewappnet.

Passo del Maccagno

Der achte Tag ist mit 7:30 Stunden, 1310 m Auf- und 540 m Abstieg der anspruchvollste dieser Tour – denken wir. Er beginnt schön, das erste Mal strahlende Sonne beim Aufstehen. Die Sonne begleitet uns auch auf unserem Weiterweg. Gleich nach dem Rifugio ist ein Fahrverbot. Wir folgen dem Strässchen durch einige nette Weiler bis in Pecce das Strässchen völlig endet. Über steiler werdende Wege kommen wir zum berühmten Franzosenbrückchen, welches zu Napoleons Zeiten für die Arme und von dieser gebaut wurde. Steht heute noch. Im Wald weidet das Vieh, also sind die Alpen rundum bestossen, es ist aber niemand zu sehen. Wir steigen in strahlendem Sonnenschein – wie wir das geniessen – immer weiter hoch, dem Torrente Vagna folgend, ihn auch gelegentlich querend, an verschiedenen Alpen vorbei. Auf einer treffen wir rotblonde langhornige irische Rinder an. Gute Fotosujets, aber zu nahe möchten wir ihnen nicht kommen! Nach einigen steilen Aufstiegen kommen wir zur Alpe Maccagno, mit einem Bergsee. Im Führer wird beschrieben, man könne sich darin die Füsse kühlen. In Anbetracht der Unmengen Kuhfladen um die Alp und den ganzen See herum lassen wir das aber bleiben. Aus demselben Grund sind wir einer Rast bei dieser Alp auch eher abgeneigt.  Schliesslich haben wir ja noch einige Höhenmeter vor uns, und der Abstieg vom vor uns liegenden Passo di Maccagno soll anspruchsvoll sein. Also steigen wir weiter hoch zum Lago Nero. Baden macht uns auch nicht an – es ziehen schon wieder Wolken auf - bietet aber einen netten Rastplatz. Danach gehst über Blockfelder hoch zum Pass – es ist nicht mehr weit. Oben treffen wir auf Mitwanderer vom Rifugio her. Sie verpflegen sich gemütlich. Der Abstieg ist tatsächlich etwas anspruchsvoller, teils schlipfrig, weglos und geröllig, und auf jeden Fall durchwegs ganz schön steil. Nach einem Blick auf die unter uns liegende Hochebene beschliessen wir, keine lange Rast zu benötigen, sondern lieber da runter zu krabbeln. Nachdem wir den Abstieg geschafft haben, ändert der Weg seinen Charakter, es ist nun ein Höhenweg, und er führt zu Beginn über Hochmoore. Während im Aufstieg noch viele Mitläufer auszumachen waren, sind wir nun mit Ausnahme der Gruppe hinter uns, ganz alleine. Es muss eine Ziegen-Alpage sein, wir sehen tausende von Kötteln, der Weg ist praktisch überall gut zugedüngt. Ziegen sehen wir aber keine mehr, sind wohl schon im Tal. Wir folgen dem Weg durch Sumpf, Bach und an Teichen vorbei bis zum nächsten Pass, dem Colle Lazoney. Zieht sich noch. Dann geht’s wieder leicht abwärts, über Blockfelder, nun auf Aosta-Gebiet. Der Aosta-Weg ist denn auch überall markiert. Unterhalb der Tre Vescovi findet sich die Abzweigung zum Rifugio Rivetti. Zuerst müssen wir so ganz richtig steil und geröllig hoch zum Colle della Mologna Grande. Oben setzen wir uns zum Verschnaufen und Gucken hin, viel Platz ist aber nicht. Dann geht’s genauso steil auf gut gesichertem Pfad runter zum Rifugio. In diesem ist allerhand los, aber wir werden freundlich begrüsst und erhalten ein Zimmer für uns alleine zugewiesen. Im Austausch mit der italienischen Gruppe erhalten wir die Information, dass der Lift, den wir von Oropa aus nehmen möchten, permanent geschlossen ist. Entsprechend gestalten wir unsere Pläne etwas um. Unser neunte Tag beginnt mit Hahngekräh. Das örtliche Geflügel hetzt sich durch die Gegend. Wir haben unsere heutige Etappe etwas gekürzt und steigen nicht auf das Rifugio Madonna del Neve hoch. Bleiben etwa 4 Stunden (der erhoffte Bus fährt erst am Nachmittag, so lange wollen wir nun auch wieder nicht warten, mit einem Aufstieg von vielleicht 100 m, und einem Abstieg von 1770 m. Zuerst steigen wir ziemlich kniebrecherisch dem Torrente Mologna entlang über Alpen ab nach Piedicavallo, einem reizenden kleinen Dörfchen. Von dort aus nehmen wir die Strasse nach Rosazza, dem Zentrum des Tales. Dort machen wir einen kleinen Rundgang und bestaunen die Türme – und die Verkehrsampel – schon lange keine mehr gesehen…. Beim Kiosk im kleinen Park essen wir eine Kleinigkeit, ehe wir uns nach Jondini mit seiner romanischen Kapelle und dann weiter zur nächsten Kapelle, di Santa Maria Maddalena, aufmachen. Auf altem Pilgerweg geht’s schliesslich weiter zum Santuario San Giovanni, unserem heutige Halt. Wir werden freundlich empfangen. Im Santuario übernachten gerade viele Jugendliche im Rahmen eines Friedensprogramms. Die sind ziemlich munter. Schadet aber nichts. Wir besehen Kirche und Anlage, bestaunen den Brunnen mit den vielen Schöpflöffeln im grossen Hof und geniessen Dusche und Bad aus ergiebigste. Das Essen schmeckt lecker, auch das Frühstück am nächsten Morgen ist reichlich. 

Rifugio Rosata

Der zehnte Tag wird uns nach Oropa Sport führen, Oropa werden wir auslassen. Trotzdem werden wir etwa 5:30 Std mit ca. 930 m Aufstieg und 110 m Abstieg benötigen. Wir folgen mehrheitlich der Strasse bis zur Galeria, und es kommen uns einige wenige Fahrzeuge entgegen. Die paar Male, bei denen wir in den Wald abtauchen können, werden wir von Fliegenschwärmen umhüllt, es hat auch Bremen dabei. Bald zeigt sich ein grosser, heisser, roter, juckender Fleck auf einer Wade. Alle Restaurants unterwegs sind geschlossen, die Ferienhäuser unbewohnt. Nach der Galeria haben wir dann Ruhe von den Fliegen. Ist wohl eine Fliegengrenze. Unter uns sehen wir bald Oropa liegen. Der Fahrstrasse folgend werden wir laufend von Radfahrern französischer Sprache überholt. Bei der Verzweigung Richtung Lago die Murrone verlassen wir die Strasse nach Oropa und folgen der übel zugerichteten Fahrrinne. Die Seile der Gondelbahn verläuft über unseren Köpfen. Wir verlasssen den Weg bei einer engen Kurve und beginnen einen steilen Hang auf einer guten Mulatiera aufzusteigen. Nach einer Stunde erreichen wir die Capanna Renata, wo wir einen ganz besonders herzlichen Empfang bei der ausgesprochen zuvorkommenden Hüttenwartin und ihrem charmanten Hund erhalten. Der Bremenstich erhält heisses Wasser und hört auf zu beissen. Wir erhalten Atzung, Information und Unterkunft und setzen uns in den geheizten gemütlichen Hüttenraum. Extra für uns gibt es köstliche Crespelle zum Abendessen, wir schlafen herrlich in einem Doppelzimmer und erhalten ein köstliches und sättigendes Frühstück. Die Kapriolen des Hundes erheitern uns mächtig! Der gute Rat der Hüttenwartin: nach dem Rifugio Coda (schon geschlossen) nicht der GTA folgen, sondern der Kammroute. Sie warnt davor, dass die GTA in schlechtem Zustand sei, sogar verschüttet. Und dass die Zeitangabe – bis jetzt konnten wir die Zeiten einigermassen einhalten – mit 6:30 viel zu tief gegriffen sei. Mindestens 7:30 müsste man rechnen. Ausserdem: morgens wird es, anders als befürchtet, erst ab 14 Uhr zu regnen beginnen. Damit wollen wir den Weiterweg riskieren. 
Tag elf beginnt mit einem herzhaftem Frühstück. Dann verabschieden wir uns von unserer liebenswürdigen Wirtin und nehmen den Aufstieg in Angriff. Alle Hütten und Restaurants sind geschlossen, seit die Lizenz der Bahn entzogen wurde. Geld für die notwenigen Renovationen ist keins vorhanden, sieht düster aus. Beim Lago die Muerone beginnt der knackige Aufstieg zur Bocchetta del Lago. Hier kommen wir in ein ganz anderes Tal, ruppig, viele Blockfelder, gesicherte Aufstiege. Anspruchsvoller Weg. Eine Gemse kreuzt überrascht unseren Pfad. Beim Rifugio Coda stellen wir betrübt fest, dass unser Wasservorrat etwas klein für einen solchen langen Tag ist, nur etwa ein Liter für uns beide. Gilt schön vorsichtig zu sein! Nach dem Rifugio – alles schön abgesperrt, nicht mal ein Winterraum – geht es über eine breite Wiese weiter bis zur Verzweigung des GTA von der Wegspur, welche auf die 5 Colle führt. Der Weg kannte schon vorher so einige Schwierigkeiten, aber jetzt wird’s so richtig spannend. Unser Weg führt über diverse Spitzen, immer steil – hoch oder runter – und teils richtig zum krabbeln. Immer wenn man denkt, das wäre jetzt der Letzte gewesen, geht’s gleich noch einen hoch. Nach vielem Hoch- und runterkrabbeln – und mit einer weiteren überraschten Gemse – geht’s teils gut ausgesetzt zum Colle della Lace. Noch vor dem Gewitter! Dort geht’s gut gesichert etwas Klettersteigmässig runter. Bei der Alpe Druer müssen wir den Weg  suchen und verlaufen uns etwas. Auch bei der Alpe Alpette gilt es, gut achtzugeben, um den Weg zum Agriturismo Belvedere nicht zu verpassen. Nach Abstieg über langgezogene Alpwiesen und durch lichte Wälder gelangen wir schliesslich oberhalb von Trovinasse auf das gastfreundliche Belverdere, unserem letzten Etappenziel. Auch hier verbringen wir eine erholsame Nacht mit ausgezeichnetem Essen, und wunderbarem Ausblick, und werden von einem munteren Hund unterhalten. Die freundliche Wirtin fährt und am nächsten Tag auch noch zum Bahnhof nach St. Martin, damit wir den Zug nach Orta ja nicht verpassen. 
Eine schöne Tour nimmt ein sonniges Ende.

Isola San Giulio, Lago di Orta

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