Das Angebot von Berg + Tal finden wir interessant; von Bodø mit Segelschiff und Guide Schneeschuhtouren im Norden Norwegens zu unternehmen. Die Gruppe ist nicht gross, maximal 10 Leute, die Ausrüstung haben wir auch schon, gefällt!
Wir treffen am Flughafen auf die restlichen Mitglieder der Gruppe, und stellen interessiert fest, dass wir nur zu fünft sind. So sehr wir bedauern, dass ein Paar wegen Erkrankung absagen musste – wir haben eindeutig mehr Platz! Die Anreise nach Bodø ist wegen Umsteigens und Warten auf den Anschlussflug in Oslo reichlich lange, aber wir vertreiben uns die Zeit angenehm mit dem Lesen von Inhaltsangaben auf Packungen und Ölen tun wir auch. Ich sage nur: Nøtter! Nach ein paar Bier kann man die Ansagen schon fast verstehen... Am Flughafen in Bodø erwartet uns ein Mann mit grosszügigem Körperbau, wikingerhaftem Erscheinen, langen rotblonden Haaren und einem jungenhaften Charme sowie einem Taxibus, welcher uns und unser Gepäck zum Hafen bringt. Es ist dunkel und kühl, und das Schiff findet sich auch nicht auf Anhieb, aber was soll’s, der Hafen ist nicht sehr gross, und wofür hat man schliesslich Telefon? Schlussendlich sitzen wir im Warmen, nachdem das Gepäck über eisige Stege geschleppt und wir freundlich von der Crew begrüsst wurden. Wir bleiben über Nacht sowieso hier, also keine Eile, und Platz ist auch genug. Der Guide, Hayden mit Namen, bezieht die 4-er Kabine, was besser klingt, als es ist, es ist nämlich auch der Durchgang zu unserer Koje. Wir haben die Bug-Kabine. Es gibt zwei Badezimmer, sehr komfortabel, und alles mollig warm. Innen, heisst das. Die Wände sind kühl, und wir erfahren als erstes, wie mit den Bugaugen umzugehen ist, damit erstens kein Kondenswasser entsteht, und zweitens das Schiff in voller Fahrt nicht untergeht. Nachdem wir ja auch finden, dass beides sinnvollerweise auszuschliessen wäre, passen wir gut auf und merken uns: beim Fahren alle Bullaugen zu, sonst mal sehen. Nach der herzlichen Begrüssung verstauen wir unseren Karsumpel, dann wird gegessen, und dann suchen wir Bodø heim. Also, aus dem Hafen – Gittertür zum Absperren, man solle durch die Gitter durchgreifen, um es wieder zu öffnen, was zu Folge hat, dass wir das verflixte Tor eben offenlassen.... Dann um die Hafenbucht herum – bestimmt Prime Location, hier – rüber zur verkehrsberuhigten Zone. Einige Geschäfte haben noch offen, Lorena – eine unserer Mitreisenden – kauft sogar Schokolade, wir können aber an uns halten. Nachdem wir die Strasse hoch und wieder runter marschiert sind, haben wir die Möglichkeiten Bodø’s für heute Abend ausgeschöpft – Bars sehen wir keine – und machen uns auf den Rückweg zum Schiff. Dabei stellen wir erfreut fest, dass die Gittertür noch offen steht, welche wir nun sorgfältig schliessen. 

Safier in Bodø

Am nächsten Morgen, nach einem reichhaltigen Frühstück, werden wir angewiesen, erstens die Bullaugen zu schliessen, und zweitens, uns dann warm anzuziehen. Dann folgt die Einweisung in die Sicherheitsmassnahmen und in das Schiff. Mit den ganzen Kleidern und den Schwimmwesten machen wir alle eine umfangreichen Eindruck… Dann wird ausgeführt, wo wir denn nun so rumschwimmen werden: Erstmal so um den Sjumkhatten Nasjonalpark. Links die Lofoten, rechts das Festland, und wir werden noch ein ganzes Stück unterhalb Tromsø bleiben. Vom Festland her können heftige Winde aus den Fjorden wehen. Aber häufig Richtung Süden. Deswegen fahren wir heute nur kurz unter Segeln, die meiste Zeit mit Motor. Das Setzen der Segel gibt warm, natürlich auch das Runternehmen, aber sonst ist es ganz schön saukalt da draussen. Wir schippern also gen Norden, Blick auf die Lofoten, gemischtes Wetter, viele Wolken, aber trocken. Toll. Wunderbar. Super. Am Mittag gibt es Leckeres aus der Bordküche, vom Schweizer Smutje Pascal fein zubereitet. Wobei unsere Matrosin Bärbel ihn immer wieder tatkräftig mit Kuchen- und Brotbacken unterstützt. Die Produkte sind allesamt lecker. 
Das mit den Namen hier ist so eine Sache. Die haben hier so ulkige Umlaute. Wir Schweizer haben ja auch welche, wir beschränken uns ja auch nicht auf ulkige Vokale, keineswegs, aber wir verwenden wenigstens die üblichen Buchstaben. Neben der eigenwilligen Aussprache ist es aber auch ziemlich schwierig, sich die Namen sonst zu merken, weil das Geschriebene für uns ja ziemlich sinnfrei wirkt. Und im Deutschen teilweise sehr unterhaltlich klingt. Da gibt es zum Beispiel das Örtchen Fikken, welches buchstäblich für Stunden der Heiterkeit sorgte. Natürlich gab’s keinen Fernseher an Bord, was einiges erklärt...
Wir werden versuchen, die Bezeichnungen korrekt wiederzugeben. 
Nach dem Mittagessen, wir haben nun den Makkosenfjord erreicht, werden wir und der Guide Hayden mit dem Zodiak abgesetzt. Der Wechsel ins und aus dem Zodiak ist allseits recht beliebt und sorgt regelmässig für Amüsement. Jedenfalls beim Zusehen. Auch spannend ist es, sich von den Schwimmwesten zu befreien. Anziehen geht noch, aber wieder runter? Eine Murkserei sondergleichen. Die Dinger sollen ja gut sitzen. So für den Ernstfall. Wenn das mit dem Ein- und Aussteigen doch nicht so klappen sollte. Jedenfalls ein Rat: Im Winter warm anziehen. Das kann verflixt kalt sein, so unten auf dem Wasser und im Fahrtwind. 

Makkosen Fjord

Es hat recht wenig Schnee, hier an diesem Sjörfjorden. Einer der Berge da herum heisst Makkosen. Weil es kaum Schnee hat, geht’s zuerst zu Fuss los, und erst wie wir dann von Schneefeld zu Schneefeld hopsen können, montieren wir die Schneeschuhe. Von einer Einführung in die Geheimnisse des Pieps und in die Lawinensuche wird erst mal abgesehen, dazu hat es eindeutig zu wenig Schnee, und zum Besten halten müssen wir uns ja nun wirklich nicht. Es geht gemütlich ein wenig hoch, unten der Fjord mit dem Segelschiff, oben diverse Wolken, alles sehr friedlich, wir denken schon, wir sind meilenweit von jeder Zivilisation entfernt. Über einen völlig durchgefrorenen Bach gelangen wir in ein anderes Tälchen, marschieren die Flanke hoch und sehen, auf dem Hügelkamm angekommen, eine grosse Fläche vor uns, garniert mit Holzhäuschen, und erstaunlich viel Leuten. Es geht noch etwas weiter hoch, dann werden Fotos gemacht. Haydn ist sehr grosszügig, nicht nur schleppt er eine gute Ausrüstung mit, er macht auch viele Aufnahmen von uns und von allen möglichen Objekten, und stellt sie uns anschliessend auch zur Verfügung. Jedenfalls machen wir alle Fotos wie wild, und dann geht’s runter zum See, über diesen hinweg an Strandhäusern vorbei und dann zu einem zweiten See. Dort laufen wir so nahe an einem Haus vorbei, dass wir alles genau betrachten können: den Eisschlitten, diverses Gerümpel, die Veranda, eine Eissäge und ein Eisloch, nehme an zum Fischen. Wir finden das alles sehr fotogen und spannend, schliesslich sieht man das bei uns ja nicht jeden Tag. Weiter geht’s wieder dem Meer zu, wo wir uns auf der anderen Seite der Bucht befinden, und nach einigem Rumwuseln findet Hayden auch eine gute Stelle, um wieder in das Zodiak einzusteigen. Die Wanderung wird durch einen grossartigen Sonnenuntergang abgerundet, all die Berge visàvis von uns sind wunderbar rot überglüht. Das Schiff wird unter Motor an den morgigen Startpunkt gebracht. Nach einem herzhaften Abendessen klingt der Abend unter Lachen und gemeinsamen ausprobieren der mitgebrachten Tranksame kameradschaftlich aus.

Auf dem Weg nach Røsvika

Der nächste Tag ist deutlich düsterer, was das Wetter angeht, trotz dem schönen Sonnenuntergang gestern. Haben die hier andere Regeln? Von unserem Nacht- und Morgenplatz aus geht’s dann zügig ans Land –Die Zodiakübung klappt schon viel besser, auch weil’s hier einen Steg hat. Unser Ziel ist ein Ort Namens Rossvika, schon fast eine Stadt, mit Schule, Spital und dergleichen Luxussachen mehr. Hat vielleicht sogar eine Bar? Wer weiss? Von diesen Verlockungen angezogen geht’s los, an einigen ziemlich derelikten Häusern vorbei – Hayden erklärt sie zu Fixer-uppern - gemächlich einem Tal entlang hochsteigend. Mit der Zeit wird’s dann steiler, und schliesslich geht’s dann richtig hoch. Es ist trüb, und windig. Wir machen eine kurze Pause, mit warmem Tee und Snacks. Es geht zwischen steilen Felswänden weiter einer breiten Talsohle entlang, Die Wände sind so steil, dass dauernd Lawinen runter donnern, wir sind weit genug weg, dass wir das Geschehen entspannt beobachten können. Dann kommen wir zu einem Wunderwald aus alten Kiefern, deren Äste und Stämme sich mit dem Alter verdrehen. Es sieht richtig märchenhaft aus, und es betätigen sich alle als fleissige Fotografen. Vor uns liegt ein See, und danach geht’s dann so nochmals, nun ziemlich steil, hoch, was aber mit den Schneeschuhen und der guten Spur von Hayden kein Problem ist. Auf dem Übergang ins nächste Tal angekommen, stellen wir fest, dass Schneemangel nun wirklich nicht mehr ein Problem sein dürfte. Auf der anderen Seite stehen wir knietief im Schnee, auch Hayden, und das mit den Schneeschuhen. Ausserdem beginnt es heftig zu schneien. Grosse Flocken, es ist richtig schön winterlich. Von hier an geht es mehrheitlich bergab, Richtung Rossvika. Es zieht sich aber, und die beiden Vordersten, die Spurer, haben es recht schwer. Nach einem kleinen Umweg finden wir eine gute Stelle, um zum Tal hinunter zu gelangen. Wir kommen langsam in einen Laubwald hinein. Es hat geheimnisvolle Marken an den Bäumen, vermutlich im Zusammenhang mit der Viehhaltung im Sommer. Der Laubwald wird zunehmend dichter, und dann zunehmend mit Tannen durchsetzt, ausserdem geht wohl die Sonne unter, was zu insgesamt düsteren Verhältnissen führt. Die cleveren unter uns haben Stirnlampen dabei, die anderen sehen zu, dass sie den Anschluss nicht verlieren. Nach einiger Zeit erreichen wir – etwas müde – die Strasse, welche zum Hafen führt. Es geht an einem Friedhof mit epischen Ausmassen, hier wird wohl ganz Nordnorwegen beerdigt, vorbei an einem Spital – praktisch – und einer Schule. Die Strasse führt dann an einigen Häusern vorbei runter zum Meer, und zum Hafen. Ein Schneepflug donnert an uns vorbei. Unser Schiff liegt an einem völlig vereisten und zugeschneiten Steg, über eine spannende Leiter kraxeln wir auf die untere Etage, von wo aus wir auf unser Deck gelangen. Es schneit weiter, aber wir sind geborgen und warm auf dem Schiff und haben eine gute Zeit. Rossvika mag ein netter Ort sein, aber wir lassen die Besichtigung bleiben und verschwinden alle recht früh in unseren Kojen.

Husbyviktinden, Norwegisches Matterhorn

Am nächsten Tag liegt viel Schnee auf dem Deck, welches wir nun zusammen mit der Crew leerräumen. Allen Schnee ins Wasser schippen! Macht Spass und gibt warm. Dabei klart es immer mehr auf, aber es ist gleichzeitig recht frisch. Nun ja, wir sind im Winter in Norwegen, soll vorkommen. Das Schiff legt ab, wir stellen erfreut fest, dass dieses Rossvika sogar einen grossen Kirchturm aufweist. Zu spät für Sightseeing! Wir fahren nach Björnsvaka, wo wir die nächste Wanderung unter die Schneeschuhe nehmen. Der Morgen zeigt sich noch recht kühl und der Himmel ist teils bedeckt, aber schon kurz nach der Landung sehen wir vielversprechenden blauen Himmel. Als erstes werde wir nun eingewiesen in die Lawinenortung. Wir üben mit dem Pieps umzugehen, Stangen und Schafelanwendung wird theoretisch erledigt, hat auch etwas wenig Schnee für eine praktische Anwendung. So hier am Strand von Björnsvaka. Wie wir gut wissen, kann sich das schnell ändern, so etwa hinter der nächsten Furcla. Nachdem Hayden uns zu wenigstens nicht mehr vollständigen Anfängern erklärt, und uns noch einige Tips gegeben hat, brechen wir auf, erleichtert, dass es nun warm wird. Es geht leicht, später steiler, den Hang hinauf, und wir geniessen die Stille und den zunehmenden Sonnenschein, der den Schnee glitzern und funkeln lässt. Jeder Ast trägt einen weissen, glitzernden Überzug. Man hört das Schnappen und Schlappen der Schneeschuhe, und unseren Atem, sonst nicht viel. Wir folgen Spuren, welche nach Schneemobil aussehen. Rentierspuren wären uns lieber, aber dafür kommen wir recht gut voran. Wir sind heute gemütlich unterwegs, ein bisschen Erholung vom gestrigen langen und anstrengenden Marsch. Auf einem netten kleinen Plätzchen mit Baum machen wir eine kurze Rast, als die Schneemobile auftauchen. Nun ja, eines taucht auf, das andere hat wohl eine Panne, aber man macht ziemlich Krach. Trotz der Sonne wird es schnell kühl, wenn man sich nicht bewegt, es geht also bald weiter. Wir steigen gemächlich weiter an, und geraten bald wieder in Kieferwälder, diesmal in der Sonne, und vor uns öffnet sich landeinwärts eine Landschaft mit Seen – gefroren – und Hügelzügen – bewaldet. Wir wenden uns langsam nach links, und folgen dem Hügelgrat und dem Kieferwäldchen. Am Boden diverse Spuren von Hufen, denen wir ein Stückchen weit folgen, in der Hoffnung, Rentiere zu sehen. Wir geraten auch bald an einige Einzelgänger, später sehen wir etwas weiter weg eine Herde, die geschlossen das Weite sucht. Wohl nicht an Touristen gewöhnt… Trotz aufmerksamen Beäugen der Umgebung und weiterem Spurenfolgen unsererseits finden wir keinen Anschluss mehr, die Rentiere sind weg. Unser weitere Weg führt uns langsam bergab, und dann um einige Hügel herum zu einem See. Auf der anderen Seite sehen wir in majestätischer Schönheit und Grossartigkeit das Matterhorn. Nein, wirklich, sieht ziemlich so aus. Hayden weiss auch nicht so recht, wie der Berg denn nun in Norwegen heisst. Auf dem Schiff studieren wir alle die Karten und entscheiden uns dann für einen Namen, den ich allerdings nicht mehr weiss. Er war sehr lang und kompliziert. Jedenfalls stehen wir alle überwältigt vor diesem Anblick, ein markanter Felszacken – ziemlich hoch – zu Füssen ein See, gegürtet mit Wald, jede Menge Schnee rundherum, tiefblauer Himmel mit den ersten Anzeichen von Abendrot, rechter Hand Andeutung von Dächern und dem Meer, wir verfallen kollektiv und begeistert einer Orgie der Fotografie, und danach berauschen wir uns weiter am Anblick. Wie wir alle etwas ausgekühlt sind, geht’s weiter, aber wir wiederholen das Prinzip noch ein paar Mal, weil, es gibt immer wieder Stellen, da ist das Panorama womöglich noch etwas schöner als vorher. Schliesslich geraten wir in ein Tal, und sehen nicht mehr an den Fjellet oder Tinden oder so ran. Das ist weiter nicht schlimm, denn das Panorama um die Bucht herum ist ebenfalls wunderbar, ganz viele tolle verschneite Berge und tiefblau oben und unten, mittendrin unser Schiff… Da Hayden die Mannschaft rechtzeitig informiert hat, dass wir im Anmarsch sind, haben wir gerade noch Zeit, uns einen komfortablen Einstiegsplatz zu suchen, ehe das Zodiak zu uns rüberschippert. Es ist ein wundervoller Ankerplatz, den wir richtig geniessen, rundherum steile granitene Bergflanken, gekrönt von weissen Kronen, es sieht aus, als gäbe es da gar keinen Ausgang, nur wir…Nachts, auf der Suche nach Nordlicht, sehen wir über uns die Milchstrasse blinken. 

Zwischen Sagfjorden und Sandbakken

Am nächsten Morgen machen wir uns in nun bitterer Kälte auf die nächste Wanderung, am gegenüberliegenden Ufer an ziemlich vielen Häuschen vorbei, es hat sogar eine Strasse und einige Autos. Menschenleer, natürlich. Halt, ein Mann kommt heraus, uns zu begrüssen. DA wir nicht nach Kriminaltouristen aussehen, nehme ich an, er freut sich wirklich über ein bisschen Ansprache, auch wenn diese nur auf englisch zu haben ist. Er hat Ferien. Die restliche Häuschen haben früher eine Fischer- und Bauerngemeinde beherbergt. Die ältere Generation ist gestorben oder in ein Altersheim in eine Stadt gezogen, und die bunten Gebäude dienen nun der jüngeren Generation als Sommerferienhäuser. Er wird in einigen Tage auch wieder nach Hause fahren. Wir folgen der Strasse weiter, und sehen unseren Freund von gestern wieder in toller Perspektive. Dann geht’s durch ein bisschen Wald – wird sofort saukalt – und schliesslich kommen wir wieder in die Sonne, die hier oben gerade zum Boden kommt. Das Bild ist mystisch, Nebel wabern um ein Birkenwäldchen herum, das Licht bricht sich in den vielen Tröpfchen – zauberhaft. Hier hat’s sogar eine Busstation! Mit einem Busfahrplan! Für das Sommerhalbjahr. Scheint eine Badestelle zu sein. Weiter vorne endet das Strässchen, und nun geht’s über einen See. Vor uns jede Menge Langlaufspuren, also irgendjemand ist schon noch hier. Wir folgen dem Längsverlauf des Sees und rasten auf der anderen Seite in der Sonne, bei einigen allerliebsten Häuschen. Im Schatten hat es unter 30⁰ Celsius. In der Sonne hingegen sind es komfortable 10⁰. Das Problem ist nur, dass man auf mindestens einer Seite im Schatten ist… Es hält uns nicht allzulange. Wir marschieren weiter den Hang hinauf, einem Tal folgend, das schnell steiler wird. Gegen Mittag erreichen wir eine Furcla, die mit Kieferbäumen zu einer kleinen Rast einlädt. Ein bisschen laufen wir danach noch hoch, und steigen auf der anderen Seite in ein sehr einsam wirkendes Tal ab, welches mit einer langen Seezunge aufwartet. Wir spazieren weit gefächert über diese See – auf der anderen Seite ist schliesslich das Meer und unser Schiff – als es plötzlich zu knallen beginnt. Unter uns. Hayden ist nicht erfreut und dirigiert uns entschieden zum Ufer hinüber. Ihm ist das Eis zu unsicher, also marschieren wir dem Ufer entlang. Jemand hat dort Telegrafenmasten gesetzt, aber es gibt keine Strasse, und nach dem See steigt das Gelände sofort, teilweise recht steil und mit viel Unterholz versehen, an. Einige Male queren wir Zuflüsse, die erstaunlicherweise offen fliessen, das Wasser vor sich hin dunstend. Warme Quellen? Würde jedenfalls auf eine gewisse Instabilität der Eisschicht schliessen lassen. Im Delta dieser Einflüsse ist das Eis jedenfalls teilweise ganz weg, teilweise schmaddrig, wir kommen an diesen Stellen nur noch auf dem Festland durch. Jedenfalls ohne nasse Füsse, was bei diesen Temperaturen, sagt Hayden, sehr zu vermeiden sei, Wir haben nämlich schon noch ein Stück zu gehen, und bei diesen Temperaturen würden nasse Füsse mit Erfrierungen enden. OK, wir haben verstanden – am Ufer entlang. Diesem folgen wir jetzt, wenn’s geht auf dem Boden, sonst auf der zuerst sehr flachen Uferfläche. Das Eis hält. Nach einiger Zeit wird’s dann aber steiler, und wir wechseln auf die Bodenseite hinüber, nur ist es dort zunehmend schwieriger mit den Schneeschuhe. Die Leutchen hier sind wohl mehrheitlich mit dem Boot unterwegs und brauchen keine Strassen. Die Felswände jedenfalls sind fantastisch, mit tollen Eisfällen bestückt. Schliesslich kommen wir an eine felsige Strecke, mit steilem Abfall zum See, so dass das Wasser dort auch am Ufer tief sein dürfte. Weitergehen am Ufer geht jedenfalls nicht, ist zu steil. Nach kritischer und gründlicher Inspektion entscheidet Hayden, mit Viktors Unterstützung, dass wir auf dem See weiterlaufen weder. Vorsichtig. Und weit auseinander. Wir sehen Spuren von anderen Wanderern, und gehen davon aus, dass das Eis auch für uns halten wird. Nach einigen etwas vorsichtigen Minuten jedenfalls sind wir wieder heiter und fröhlich und weisen uns gegenseitig auf verfärbte Felsen und Eisfälle hin. Trockenen Fusses erreichen wir das andere Seeende, mit roten Schuppen und einem Strässchen ausgestattet, und folgen dort dem Fluss Richtung Meer, bis wir einsehen, dass das mit dem Strässchen wohl komfortabler sein dürfte, das Flüsschen weist nämlich Schnellen auf. Teilweise etwas unelegant krabbeln wir zum Strässchen hoch, welches uns zügig ans Meer bringt. Die Safier wartet schon auf uns. Heute Nacht bleiben wir in dieser Bucht, rundum eingekreist von recht hohen Bergen. Nach dem Essen warten wir alle auf ein bisschen Nordlicht, so zur Abwechslung, hier ist es so dunkel, kein künstliches Licht, wenn es den welches hätte, sollte man es gut sehen können. Und es stimmt! Stundenlang verfolgen wir das Lichtspektakel am Himmel, wie sich Schleier um Schleier und Linien um Linien an grünlichem Licht langsam über den Himmel bewegen. Der Verlauf ist so langsam, dass man immer wieder mal Zeit hat, sich im Schiff aufzuwärmen. Nach einigen Stunden – inklusive heftigem fotografierens und ausprobierens, wie das denn am Besten gingen täte, so von wegen man möcht’ ja nachher auch was erkennen auf den Bildern, bevorzugterweise Nordlicht – löst sich die Gesellschaft auf, bis zum Schluss noch Hayden den Posten hält und bis in die Morgenstunden Bilder anfertigt. 

Polarlichter in Kerringøy

Der nächste Morgen findet uns ganz aufgekratzt, so ein Glück! So viel Nordlicht! Hayden zeigt seine Aufnahmen, die wirklich toll geworden sind. Er wird auch sein Versprechen halten, und alle seine Bilder mit uns teilen. Dank’ Dir schön, Hayden! 
Vom Stavfjorden unternehmen wir eine weitere, eher kurze Wanderung. Eigentlich wollten wir zu den Seen oben hin, aber einem Mitglied ist nicht so wohl, so dass die Sache etwas kürzer ausfällt. Wir marschieren recht steil auf eine kleine Hochebene rauf, quer durch den Wald, und geniessen oben angekommen die Aussicht. Dann geht es ebenso steil wieder runter, auf einer leicht anderen Route, bis wir wieder am Meer ankommen. Zurück im Boot machen wir uns auf nach Stavfjorden, das nun schon wieder auf dem Rückweg liegt. Ein recht grosser Ort, mit einem Hotel! Und einer kleinen Kirche! An der Wasserfront gefühlt 100 kleine Ferienhäuschchen, gut ausgeleuchtet, es ist also jemand hier. Die Crew wird sich hier mit neuen Lebensmitteln eindecken, während ein Teil der Gruppe eine letzte Wanderung machen wird, zum Kvarven und zurück. Es ist aber noch eine rechte Strecke zu fahren, bis wir dort sind. Wir treffen erst zum Eindunkeln ein. Beim Abendessen, so um acht Uhr herum meint Hayden, es könnte hier nochmals Nordlicht zu sehen geben, aber mit dem vielen Licht hier herum wäre es schwieriger. Jedenfalls würde das Nordlicht etwa ab elf Uhr loslegen. Und dann stürzte die Matrosin Bärbel herein und informierte erfreut darüber, dass sie beim Wäscheaufhängen jede Mende Nordlicht gesehen hätte. Hayden war etwas irritiert, hat dem Nordlicht aber die ungewöhnlich frühe Stunde nicht nachgetragen und bald waren wir alle draussen und fotografierten oder beobachteten wie wild, was da vor sich ging, sehr aktiv und starke Farben. Die angefressenen Fotografen nutzten das nahe Festland – wir hatten am Hafen festgemacht – der Rest suchte abwechselnd die Wärme – in Kombination mit heissem Tee – und das Deck auf. Ein sehr schöner Abend!

Ausblick von Kvarven

Am nächsten Morgen war es kalt und bedeckt. Und windig. Das hielt Hayden und drei von unserer Gruppe nicht ab, die Wanderung anzutreten, zuerst durch das Örtchen, dann der Strasse entlang zu einem Moor, durch dieses hindurch und auf der anderen Seite dann der Anstieg zum Karven. Steil, eisig, durch Wald und über Felsen, der Weg musste gut gesucht werden. Schnee gab’s erst über dem Wald, die Schneeschuhe waren eher praktisch wegen dem Eis. Wir machten Rast auf einem kleinen Platz Kjerringroj oder so, und gingen dann, nun durch Gestrüpp, weiter zu einer kleinen Anhöhe, noch unterhalb des Gipfels, aber mit guter Sicht auf Meer und Inland, voller Seen und Wälder. Es windete derart, dass wir einmütig beschlossen, umzukehren, damit der Kapitän rechtzeitig ablegen könnte. Bis nach Bodø würde es noch einige Zeit brauchen. Unten im Tal war der Wind immer noch recht kräftig. Wir besuchten noch kurz die Kirche, ein idyllisches Gebäude mit schönem Innenausbau und einem kleinen Friedhof gleich daneben. Danach ging’s zurück zum Schiff, und mit diesem zurück nach Bodø. Da der Wind sehr heftig war, schafften wir dies in etwa zwei Drittel der Zeit, die wir mit dem Motor gebraucht hätten. Dabei sahen wir einige Fischerboote, ein Schiff der Hertigruten kreuzte uns, und ein Polizeiboot flitzte vorbei. Die Spitzberge waren wieder gut zu sehen. War ein Erlebnis!
Abends das letzte gemeinsame Essen, Abschiede, und am nächsten Morgen zurück nach Hause – unmenschlich früh aufstehen, am Flughafen das Gepäck zahlen und aufgeben, und in Oslo dann eeewig auf den Weiterflug warten, nun ja denn so, in Oslo konnten wir noch ein bisschen shoppen gehen, habe eine schöne Norwegerjacke gefunden.
Alles in allem eine wunderbare Reise mit vielen landschaftlichen Highlights, einer netten Crew und last but not least einem kompetenten und zuvorkommenden Guide, der immer guter Laune war und auf die Möglichkeiten und Wünsche seiner Gäste Rücksicht nahm. Ausserdem das Schiff, mit der Safier so unterwegs zu sein war absolut super und sehr komfortabel, und das Essen schmackhaft und vielseitig.
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