
Wir nutzen das verlängerte Wochenende um den 1. August und wandern von La Forclaz bei Les Haudères nach Jungu oberhalb St. Niklaus. Da schon der erste Tag eine Ganztagestour ist, fahren wir am Vorabend nach Sion, wo wir im Hotel Ibis ein recht günstiges Zimmer mieten konnten. Das Auto können wir dort für die restlichen Tage bis zu unserer Rückkehr gratis stehen lassen. Dafür liegt das Hotel gute 20 Gehminuten vom Bahnhof weg und mindestens ebenso lange dauert es, bis man im Zentrum ist. Morgens startet gegen 7 Uhr das Postauto nach Les Haudères; dort kann mit dem Bus nach La Forclaz etwa eine Stunde abgekürzt werden. Die Fahrt durch das Val d’Herens ist sehr schön, viele liebliche Dörfer und spannende Ausblicke auf Gipfel und auf den Fluss la Borgne sorgen für Abwechslung. Viele Häuser, zunehmend weiter hinten im Tal, sind im Walser Stil gebaut. Die Strasse wird zunehmend enger, und der letzte Abschnitt nach La Forclaz ist steil und kurvig. Mit dem öffentlichen Verkehr erreicht man La Forclaz über einen Umweg nach Villa, wo gekehrt wird. Idyllisch, aber abgelegen. Das Hotel in La Forclaz hat ebenso geschlossen wie alle anderen Verpflegungsmöglichkeiten. Geradeaus weiter ins Tal hinein führt ein Weg Richtung Salay, und weiter Richtung Glacier de Ferpécle und Mont Miné. Auch den Zmuttgletscher kann man gut ausmachen. Wir nehmen den Weg, der zum Col du Tsaté hochführt. Eine lieblichere Wanderung durch Blumenwiesen und Wälder, vorbei an heimeligen Chalets, kann man sich kaum vorstellen. Ausblicke auf prachtvolle Gletscher an jeder der vielen Kurven des steilen Wegs beleben den heissen Tag. Der Name Tsaté begleitet uns auf dem Aufstieg; von Le Tsaté, einem kleinen Weiler, geht’s zur Remointse du Tsaté und dann am Lac de Tsaté vorbei zum Col du Tsaté, zwischendurch gibt’s noch einen Abzweiger zum Ciosque de Tsaté, der ist aber geschlossen. Und immer wieder ist die Pointe du Tsaté zu sehen, ein markanter Spitz im vor uns liegenden Gebirgszug. Der Col de Tsaté wird allerdings links von der Pointe du Bandon und rechts von der Serra Neire begrenzt. Tsaté ist übrigens eine Adaption von Château. Schloss, Château oder ähnliches wird in allen möglichen Adaptionen aus verschiedenen Sprachen als Flurname sehr häufig angewendet, überall in der Schweiz, wie es ja auch in vielen Gegenden ein Rothorn gibt. Gutes kann eben mehrdfach verwendet werden! Oben auf dem Col angekommen, öffnet sich der Blick in das Tal mit dem Lac de Moiry. Zusammen mit Dent Blanche, Zinalrothorn, Weisshorn und dem Moiry Gletscher bildet sich ein spektakuläres Panorama der Superlative, wie wir es leider auf dieser Tour wetterbedingt nicht mehr sehen werden. Am Lac de la Bayenne vorbei geht’s nun steil hinunter bis zum Lac de Châteaupré, im Blick leicht rechts immer der Moiry Gletscher. Wolken ziehen langsam auf. Zu unseren Füssen ist viel los, wir sehen ganze Radiowanderzüge hochziehen, rund um den See haben sich viele Picknicker niedergelassen. Beim Sitzplatz des kleinen Kiosks neben der öffentlichen Toilette ist nicht so viel los, wir haben reichlich Platz unter den Sonnenschirmen. Nach einer kleinen Erfrischung geht’s weiter zur Cabane de Moiry, zuerst gemütlich dem Moränenhang entlang, dann über Schneefelder und schliesslich steil, aber auf gut ausgebautem Weg bis zur komfortablen Hütte mit tollem Ausblick auf den Gletscher. Vom Col de Tsaté geht auch ein Weg über den Gletscher, dazu ist aber Seil und Steigeisen, ggf. auch ein Bergführer, notwendig, da er über spaltenreiches Gelände führt. Der Aufstieg zur Hütte ist ebenso recht steil und blau-weiss markiert. Um die Hütte herum ist abends ein Steinbock auszumachen, der, unbeeindruckt durch den Rummel um die Hütte herum, gemütlich den feinsten Kräutlein nachstrebt. Die Preise der Hütte sind eher im oberen Bereich, Empfang, Service und Abschied sind herzlich, die Räume sind alle sehr sauber. Terrasse und der grosse Essraum bieten gleichermassen tolle Sicht auf die umgebende Landschaft. Das Haus ist gut besucht, neben den vielen Tagestouristen sind an diesem Wochenende auch fast alle Übernachtungsplätze (Schlaflager) ausgebucht. Am Stausee unten gibt's einen grossen Parkplatz, auf dem wir viele Caravans gesehen haben. Auch Busse, und jede Menge Autos. Abends wird es dann recht gemütlich auf der Hütte, die sehr modern gebaut ist und über ein riesig grosses Panoramafenster auf den Gletscher verfügt. Auch bei weniger gutem Wetter ist der Ausblick garantiert!

Cabane de Moiry mit Blick auf den Moiry Gletscher
Nachdem es abends und nachts immer wieder heftig geregnet hat, sind wir angenehm überrascht, dass es zwar bedeckt, aber trocken ist, wie wir aufbrechen. Der steile Abstieg ist heute von viel Wasser begleitet, die Schneefelder sind jedenfalls nicht kleiner geworden. Wir folgen dem Abzweiger zur Fêta d‘Août und folgen dem Höhenweg, der etwa auf der Höhe von 2500 m durch das steil abfallende Gelände zieht. Die Wiesen sind übersät mit Blumen, darunter viele Edelweisse. Manchmal tröpfelt es ein bisschen, aber das Wetter hält sich deutlich besser, als aufgrund der Vorhersage zu erwarten war. Auf Höhe der Barrage de Moiry nun etwas tiefer als beim Einstieg in den Weg, gehen wir über die Alpwiesen von Fache hoch zum Col de Sorebois. Die Weiden sind bestossen mit Eringer Kühen. Diese sind sichtlich wachsamer als die sonstigen diversen Rindviecher, denen wir jeweils auf Alpen begegnen. Sie sind auch chic aufgelegt zu kleinen Einlagen. Man muss schon acht geben, was so rundherum passiert, bei Kampfeslaune wird halt einfach losgerannt, auch über den Weg. Das donnert dann richtig, wenn einige Kühe loswetzen.

Eringer Kuh
Von Col de Sorebois geht’s hinunter nach Sorebois. Die nähere Landschaft ist nicht überwältigend, eher triste Sommeransicht eines Skigebiets. Wir folgen den breiten Kieswegen und beschliessen, für den Rest des Wegs den Lift zu nehmen. Unser Hotel, das Trift in Zinal, finden wir schnell. Das Zimmer ist einfach, aber sauber. Sehr empfehlenswert ist es, im Hotel Besso zu essen. Das Bier ist selbstgebraut und gekocht wird ebenfalls sehr gut. Zinal selbst ist geprägt durch viele Appartementhäuser, welche zu dieser Zeit mehrheitlich leer zu stehen scheinen. Weiter ins Tal hoch wechselt das Angebot zu Chalets als Ferienhäuschen für unterschiedliche Geldbeutel, vereinzelt sind auch schöne alte Bauernhäuser im Walserstil auszumachen.

Geissli!
Der nächste Tag zeigt sich etwas freundlicher. Mehr Sonne, weniger Wolken. Wir folgen der Strasse, welche an der Kirche vorbei und durch diverse Monsterappartementanlagen zum Wald führt. Durch diesen geht es anschliessend steil hoch zum Höhenweg. Diesem folgen wir vergnügt, weil nicht mehr so steil, bis Barneuxa Alpage, wo wir der Verzweigung nach Tsahélet folgen. Ziemlich sumpfig. Steil und in vielen Zickzacks geht’s nachher hoch zur Forcletta, auf der anderen Bergseite Furggilti geheissen. Dem Blüomatttälli folgend gelangen wir zum Weiler Chalte Berg, was so ziemlich stimmt, da geht dauernd ein ziemlich kühler Wind. Entsprechend ist das Gebiet hier auch eher kahl, während es weiter unten Grün von Wäldern und Wiesen leuchtet. Bei Massstaffel – heute sind hier viele Hütten bewohnt und die Vorbereitungen auf den ersten August laufen - machen wir Bekanntschaft mit Hirtenhunden, und steigen, vor uns das Panorama von Weisshorn, Dom und Allalinhorn, zur Blüomatt ab. Überwältigend schön. Dem Turtmänna folgend geht’s dann durch Meiden nach Gruben, beides eine Ansammlung von Ferienhäusern. Im Hotel Schwarzhorn – Reservation empfehlenswert – dem einzigen Hotel in Gruben, finden wir eine charmante, wenn auch nicht eben preiswerte Unterkunft. Das Abendessen reisst uns eben auch nicht vom Hocker. Die Aussicht ist traumhaft, der Turtmanngletscher scheint auf der Wiese vor dem Haus – bei einem kühlen Bier – zum Greifen nah. Wir sind hier keineswegs die einzigen Wanderer auf dieser Strecke und treffen auf viele ausländische junge Gäste, die teilweise auch mit dem Zelt unterwegs sind. Der Zeltplatz ist nicht weit, etwas tiefer dem Fluss entlang, trotzdem ziehen es einige Touristen vor, wild gleich gegenüber dem Hotel zu campen. So ist jedenfalla auch ohne Fernsehen für Unterhaltung gesorgt, vom Tisch aus lässt sich trefflich beobachten, was da drüben so vor sich geht. Jedenfalls haben wir heute die Walliser Sprachgrenze gequert; vom Furggilti an ist alles Walliserdiitsch. Nicht unbedingt besser zu verstehen, aber immerhin alemannisch.

Mattertal
Praktischerweise geht der Weg morgen gleich hinter dem Hotel weiter. Durch den Grüobuwald geht es idyllisch hoch via Grüobu Mittelstaffel zur Oberstaffel und dann flacher werdend dem Grüobtälli folgend, bis es kurz vor dem Augstbordpass nochmals steil hochgeht. Links davon steht mächtig das Schwarzhorn, während rechts die Wyssegga und das Steiltalhorn einen felsigen Blick bieten. Dem Weg durch das Inners Tälli folgend nehmen wir beim Augstbord die Abzweigung nach Jungu. Sie führt über eine längere Strecke relativ eben über ein ausgedehntes Blockfeld. Danach geht’s unterhalb der Troära über einen Grat und auf ein kleines Bödeli. Dort muss der Ausblick sensationell sein, leider sehen wir das Weisshorn heute nicht, wegen der Wolken. Die nächste Umgebung ist aber auch sehr schön, bald steigen wir wieder hinab zu den blumengeschmückten Wiesen. Um Jungu herum sind viele Schilder mit Beschreibungen der Alpenflora zu finden. Von Jungu fährt stündlich eine Gondel nach Niklaus. Die Gondel ist klein, es haben nicht mehr als 4 Leute Platz. Wenn mehr transportiert werden soll, fährt die Bahn halt solange, bis alles unten ist. Während der Fahrt sieht man viele Steintürme, und kann die Steilheit des Geländes gut beurteilen. Da runter geht's eindeutig in die Knie! Der Bahnhof in St. Niklaus ist schnell erreicht, die Rückreise nach Sion, wo wir noch eine Nacht im Ibis Hotel bleiben werden, verläuft ereignislos.